Retroreflexionseigenschaften von Straßenoberflächen

Die Reflexionseigenschaften von Oberflächen im Allgemeinen und Straßenoberflächen in Besonderen sind komplex. Hier interessiert (vorerst) nur die Retroreflexion ungefähr in Richtung der Lichteinfalls (Anleuchtungswinkel $\beta \ge
60\,$$^{\circ} \:$). Für die Reflexion von Straßenleuchten im Fahrbahnbelag bei Winkeln ( $\beta \le 60\,$$^{\circ} \:$) etc. gibt es mehrere Untersuchungen (siehe [He02] 7.3) und Meß- und Berechnungsvorschriften (z.B. DIN 5044T2). Für retroreflektierende Materialen zur Verkehrssicherung gilt die DIN 67520. Bei realen Straßenoberflächen gibt es sowohl mit der ProbennahmeN.1 als auch mit den RückstrahlwertenN.2 Probleme.

Bild N.1: Geometriedefinitionen
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\includegraphics[width=11cm]{bilder/Rahmengeometrie_Optimaler_neu}\end{figure}

Für die Eingrenzung der zu erwartenden Winkel sollen als typische Maße ein 28''-ATB und ein Tieflieger (Baron) dienen (vgl. Tabelle N.1). Die Winkel sind auf eine Leuchtweite von 10m umgerechnet. Sowohl in der TA23 wie der Ausrichtungsvorschrift (StVzO § 67 Abs. 3) stehen 10m Bezugsentfernung. Bloß beziehen die sich auf unterschiedliche Maße. Nah am Fahrrad treten größere Unstimmigkeiten auf. Die Maße für's Auto entstammen der ECE bzw. sind ($b$) an einem Mittelklassewagen auf der Straße vermessen.


$\displaystyle \beta$ $\textstyle =$ $\displaystyle \arctan\left(\frac{e}{h}\right)$ (N.1)
$\displaystyle \alpha_{\mbox{\footnotesize A}}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \arctan\left(\frac{h_{\mbox{\footnotesize Auge}}}{e+b}\right)$ (N.2)
$\displaystyle \alpha$ $\textstyle =$ $\displaystyle \alpha_{\mbox{\footnotesize A}}+\beta-90$ (N.3)

Der Beobachtungswinkel $\alpha $ ist hier die maßgebliche Große.


Tabelle N.1: Maße für die Winkelbestimmung bei Retroreflexion
Rad $h$ $h_{\mbox{\footnotesize Auge}}$ $b$ $\be10$ $\alA10$ $\al10$
Baron 0,45 1,0 1,3 87,42 5,057 2,48
  0,65 1,0 1,3 86,28 5,057 1,34
  0,73 1,0 1,3 85,82 5,057 0,88
ATB 0,7 1,4 0,2 86 7,815 3,82
  0,8 1,4 0,2 85,43 7,815 3,25
Kfz 0,75 1,25 1,8      

Bei derart kleinen Winkeln $\alpha $ ist von Retroreflexion zu sprechen. Der Verlauf des Winkel $\alpha $ in Abhängigkeit von Entfernung und Anbaubedinungen ist in Bild N.2 wiedergegeben.

Für Kfz-Scheinwerfer vorerst keine Werte, da die Meßvorschrift nach TA 6 noch schwammiger als die TA 23 ist (s. S. [*]). Vorerst wird davon ausgegeangen, daß $E_{\mbox{\footnotesize max}}$ 0,44$^{\circ} \:$unter 50L liegt und $E(E_{\mbox{\footnotesize max}})\approx 1,6 E(\mbox{50L})$ ist. Diese Schlüsse legt Abb. 8 in [Le01] nah.

Bild N.2: Retroreflexionswinkel in Abhängigkeit von Entfernung und Anbaubedingung
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\subfigure[Als Funktion der Entfernung]{\includegraphi...
...s Winkels]{\includegraphics[width=9cm]{bilder/Retrowinkel_alpha}}
\end{figure}

Im Sinne der TA 23 ist nur der Bereich $90\ldots88,8>\beta>80$ interessant. Der Retroreflexionswinkel $\omega$ dürfte praxisnah bei 1...7$^{\circ} \:$ liegen. Hier wird vorerste mit einem $\beta\approx 3$$^{\circ} \:$ gearbeitet.

Der Reflexionsgrad wird allgemein als Verhältnis zwischen eingestrahltem Lichtstrom ($\Phi_0$) und reflektiertem Lichtstrom ( $\Phi_{\mbox{\footnotesize r}}$) definiert.


\begin{displaymath}
\rho =\frac{\Phi_{\mbox{\footnotesize r}}}{\Phi_0}
\end{displaymath} (N.4)

Diese Definition hilft hier nicht weiter, da der gesamte reflektierte Lichtstrom erfaßt wird. Für den Fahrer ist aber nur der in seine Richtung reflektierte Anteil interessant. Dies ist nur ein kleiner Teil des gesamten Lichtstromes. Die meßtechnische Erfassung der Retroflexion wird u.A. in der ISO6742/2 (1985) Cycles - Lighting and retro-reflective devices - Photometric and physical requirements - Part 2: Retro-reflective devices beschrieben. Mit dem Verfahren wird der coefficient of luminous intensity (CIL) bestimmt, dessen Einheit beträgt Millicandela/Lux (mcd/lx). Standardwinkel zwischen Lichtquelle und Sensor ($\alpha $) betragen 0,2$^{\circ} \:$, 0,33$^{\circ} \:$ und 1,5$^{\circ} \:$. Der Winkel $\beta$ beträgt dort, je nach Reflektor, 0, 10, 20, 30, 40 oder 50$^{\circ} \:$. Für retroreflektierende Reifen wird noch bei -4$^{\circ} \:$(Simulation großer Entfernung?) gemessen.

Für $\beta=$50$^{\circ} \:$und $\alpha=$1,5$^{\circ} \:$ergeben sich Mindestanforderungen von 11mcd/lx für weiße Reflektoren und 8,82 für retroreflektierende ReifenN.3. Für gelbe Reflektoren ist ein Tabellewert nur für max. $\beta=$20$^{\circ} \:$angegeben; dort beträgt er 7,5mcd/lx. Allgemein gilt sonst für gelbe Reflektoren ein Wert von >62,5% der weißen und 25% der weißen für rote Reflektoren (vgl. Bild N.3(b)).

Bild N.3: Mindestanforderungen nach DIN und ISO
\begin{figure}\centering
\subfigure[Nach DIN 67520-2]{\includegraphics[width=9c...
...cludegraphics[width=9cm]{Meszwerte/Retroreflektierend/ISO6742-2}}
\end{figure}

Berücksichtigt man die geringe Beleuchtungstärke (max. 40 lx) so ergeben sich geringe Leuchtdichten. Hier sind wieder spezielle Meßgeräte notwendig. Ein einfacher Abschattungstubus auf dem 9e mit einem Erfassungswinkel von ca. einem Grad liefert nur Werte $\le$0,01lx.

Ziel der Untersuchungen ist es einen Korrekturfaktor ($k(\varphi )$) zu erhalten:


\begin{displaymath}
k(\varphi )=\frac{E_{\mbox{\footnotesize0$^{\circ} \:$}}}{E_{\varphi }}
\end{displaymath} (N.5)

Dieser Faktor ist z.B. bei Gleichung (3.125) (s.S. [*]) zur berücksichtigen. Die Formel wird dann zu umgeschrieben.


$\displaystyle E(\varphi )$ $\textstyle =$ $\displaystyle k\frac{E_{\mbox{\footnotesize gew\uml {u}nscht(10 m)}}}{\left(\di...
...m}\cos(\varphi -(90+\arctan\frac{h}{10\,\mbox{\footnotesize m}}))}{h}\right)^2}$ (N.6)

Leider sind empfindliche Leuchtdichtemeßköpfe nicht so weit gestreut und daher mit einem gewissen Kostenaufwand versehen. Vor einigen Jahren kursierte im Bekantenkreis mal die Summe von ca. 20kDM. Der ,, einfache`` Meßkopf von Gigaherz-Optik, der LDM-9901, für das 9e liegt schon bei ca. 1kEuro und hat bei einem Blickfeld von 1$^{\circ} \:$ eine maximale Auflösung von 50mcd/m$^2$. Der LDM-9801 bzw. LDM9802 für das P-9710-1 (Auswertungselektronik) hat, je nach Sensor und Blickfeld, eine maximale Auflösung von 67...2,5µcd/m$^2$, liegt aber bei 2-3kEuro zzgl. 1kEuro für das GOP9710. Preise natürlich ohne Mehrwertsteuer. Bis hier Meßwerte auftauchen wird es leider ersteinmal dauern.

Als Anhaltswert ein Bild vom PAL-Sympsium 2003 in Darmstadt von Salvatore Pierro und Gianpiero Fusco, Automotive Lighting Veneria, Italy

Bild N.4: Leuchtdichten einer Straßenoberfläche, von verschiedenen Autoscheinwerfern angestrahlt (AL Veneria, Italy, PAL2003)
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=10cm]{bilder/PAL2003_FIG14}
\end{figure}

Interessant ist, daß auch bei Autos nach 15m ein deutlicher Abfall der Leuchtdichte auftritt. Da dürfte die Winkeläbhängigkeit nicht mehr sehr groß sein, es kann also in grober Näherung behauptet werden, daß auch bei Autoscheinwerfern die Beleuchtungsstärke ab 10m stark abnimmt. Insofern sind die dort verwendeten ScheinwerferN.4 nicht viel besser als gute Fahrradscheinwerfer!

Olaf Schultz, Hamburg-Harburg
2010-10-02