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Das ideale Fahrrad

Das ideale Fahrrad gibt es nicht. Es ist anscheinend eine Lebensanschauung, oder warum fahren sowenig Leute Liegerad. Miguel Indurain fährt Rennrad. Gut, er verdient damit seinen Lebensunterhalt. Aber was passiert, wenn das ,,Leistungspaket`` Indurain das M5 Low-Racer, Cutting Edge oder den Goldrush fahren würde. Dann würden wohl sämtliche HPV-Langstreckenrekorde neu aufgestellt werden. Oder Hübner fährt die Kurzstreckenrekorde

Also versuche ich für die, die sich damit noch nicht auseinandergesetzt haben, ein bißchen die einzelnen Radgeometrien auseinanderzupflücken. Die eigentliche Wahl wird dann sicherlich von den Umgebungsbedingungen abhängen. Die Aufzählung ist subjektiv, aus eigener Erfahrung und Bewegungsraum entstanden!

Rennrad,
wenn es kompromisslos auf geringes Gewicht getrimmt ist, gut für Bergstrecken. Wegen dünner Reifen, oft < 25 mm, kaum für schlechte Kantsteinabsenkungen geeignet, schnell Felgendurchschläge.10Bewegungsraum11: Straßen und Überland. Schlecht für Leute mit Rücken- und Nackenproblemen.

Reiserad,
ein zivilisiertes Rennrad mit Schutzblechen, Gepäckträger.... Reifen oft < 35 mm Breite, nicht so wendig, besserer Geradeauslauf.

Trekkingrad,
die 28''-Symbiose zwischen Mountainbike und Reiserad, bei normaler Sitzhaltung gute Allroundeigenschaften. Geländegängiger als das Reiserad, faßt bis zu 45 mm dicke Reifen

Mountainbikes
mögen im harten Geländeeinsatz oder bei rabiaten Stadtverkehr (Kantsteine) Vorteile haben, ich bevorzuge allerdings mein Trekkingrad. Ohne ,,Barends`` führt der weit verbreitete ,, Besenstiel``-Lenker zu einer Zwangsstellung der Hand- und Armgelenke und damit zu Verspannungen und Gelenkschäden.

Tieflieger
sind derzeit reine Rennräder. Für den Stadtverkehr ist die Kopfhöhe zu gering, man wird erstrecht12 übersehen.

Semitieflieger
Gunnar Fehlau benutzt eins in Köln im Stadtverkehr und hat keine nennenswerten Probleme. Der Vorteil ist, daß man, gegenüber den Kurzliegern, einen sehr sicheren Bodenstand hat.

Kurzlieger
haben bei Strecken bergauf, wie schon erwähnt, starke Probleme. Dem könnte man durch ein Bauchliegerkonzept mit hinten liegenden Beinen abhelfen. Das Problem ist dann jedoch, daß zumindest im Stadtverkehr der Fahrer aufgrund der Knautschzone Kopf keine große Überlebenswahrscheinlichkeit hat. Die Atmung auf dem Bauch liegend fällt aus eigener Erfahrung mit einem Bauchliegedreirad13angenehm leicht. Eine Federgabel ist bei einer Untenlenkung relativ schwierig einzubauen, die Obenlenkung stört beim Aufsteigen und verhindert beim Sturz das Trennen vom Fahrrad.14

Langlieger,
hier die Variante Sesselrad, sind für die, denen die Geschwindigkeit egal ist aber entspannt fahren wollen. Beispiel seien hier das ,,DINO`` oder das ,,Peer Gynt`` von Radius. Allerdings weist diese Rahmengeometrie den Schwachpunkt eines gering belasteten Vorderrades auf, was in sandigen Kurven schnell zum Ausbrechen führt. Für die Bergtauglichkeit mag dienen, daß ich damit schon zweimal im Hochharz war. Einmal sind wir mit 2 Langliegern mit Gepäck bis auf den Brocken gefahren. Schieben mußten wir nur ein sehr steiles Stück von 50 m Länge in Beton-Langlochplatten. Dort waren aber auch die Mountainbiker (ohne Gepäck) zum Absteigen genötigt.15

Bei den klassischen Diamantrahmengeometrien kann man sehr viel Windwiderstand einsparen, wenn man die Sitzhaltung verändert (vorne runter, Arsch hoch). Dadurch werden jedoch in der Regel Rücken und Halswirbelsäule durch die größere Biegung stärker belastet.

Ziele für ein Niedrigenergierad:

  1. der $c_wA$-Wert muß niedrig sein.

  2. gerade, wenn der $c_wA$-Wert niedrig ist, muß man auf geringen Rollwiderstand achten, da sonst die Rolleistung einen großen Anteil der Leistung darstellt.

  3. das Gewicht muß, beim Einsatz in Stadtverkehr und Rennen, gering sein.

  4. die Körperhaltung sollte entspannt, aber mit einem relativ engen Winkel zwischen Oberschenkel und Rumpf sein.

Dabei werden sicherlich Zielkonflikte auftreten. Z. B.: Geringes Gewicht $\leftrightarrow$wenig Material, d.h. entweder keine Lebensdauer oder hohe Materialkosten oder hohe Fertigungskosten (Arbeitszeit).

Wie sich die Fahrradkonzepte in der Praxis bewähren ist abhängig vom Gelände, Körperbau und Rahmengeometrie.


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Olaf Schultz 2007-01-15