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Faser

Mein Standpunkt zur Faserwahl:

Ein optimales Preis-Leistungsverhältnis erhält man wahrscheinlich mit Glas als Massenfaser und Kohle-Rovings69 zur gezielten Verstärkung und Versteifung. Kohlefaser ist allerdings nur zugfest. Im Vergleich Glas gegen Kohle unter Druckbelastung schneidet Glas besser ab. Dies muß beim Laminataufbau beachtet werden.70

Die Glasfaser zurechtschneiden (4 ganzflächige Lagen Leinwand (210 g/m$^2$)). Die Klorollen71 halbieren und in Längsrichtung dem Sitz anpassen; sie dienen der Versteifung, sollen nur die letzten Lagen hochhalten. Sie sollten ca. 3 cm bis zur Kante freilassen. Die Endrollen keilig zuschneiden, so daß sie kurz vor dem Rand enden. Alle Faser- und Verstärkungsteile vor dem Laminieren zurechtschneiden und probelegen. Dann griffbereit zurechtlegen und erst dann Harz anmischen.

Bei Klorollen und Polyester/Laminierepoxid sind unter den Klorollen 2 Glasstreifen vorzusehen, da nur 2 Lagen zu weich sind.

Merke: Glasfaser läßt sich ohne Vakuumverfahren nicht um die Kante laminieren, als minimaler Krümmungsradius sei bei 200 g/m$^2$-Gewebe 1 cm bei Klebeepoxid (SP 106) und 2 cm bei Polyester und Laminierepoxid (SP 110) anzunehmen.

Etwas Harz (60 ml) anmischen72 und in der Form verteilen. Es muß nur eine dünne Schicht sein. Andicken lassen (ca. 4 Stunden). Das gibt dann eine glatte Oberfläche, die nicht durch die Gewebestruktur geprägt ist. Ist zwar kein richtiges Gelcoat, aber erfüllt seinen Zweck, besonders wenn es gleich noch mit Pigment73 vermischt ist, nähmlich UV-Stahlung von der wesentlichen Matrix fernzuhalten. Für nur einen Sitz lohnt sich richtiges Gelcoat nicht, da bei Eigenfertigung nur Kleinstmengen benötigt werden. Mit Schaumpinseln sollen sich Luftblasen vermeiden lassen.

Harz anmischen (ca. 300 ml), die 1. Gewebelage einlegen und mit Harz tränken (Pinseln), 2. Gewebelage einlegen und tränken. Klorollen drauflegen (ca. 5 cm vom Rand nach innen), 3. Gewebelage, tränken, Verstärkungslagen, 4. Gewebelage, tränken. Zwischendurch wird die erste Harzmenge wohl ausgehen, also eine neue Ladung anmischen. Der langsame Härter erlaubt 20 Minuten Topfzeit. Das Ende der Topfzeit kündigt durch ein spürbares Ansteigen der Temperatur74 und Gelieren an, dann dieses Harz nicht mehr verwenden und neues anmischen.

Nach dem Auflegen der nächsten Gewebelagen immer erst mit den Handschuhen die Gewebelagen andrücken. Das Vorgehen zieht überschüssiges Harz aus den unteren Lagen heraus und macht so weniger Harz notwendig. Auf Luftblasenfreiheit achten.

Bei jedem Tränken auf Blasen- und Faltenfreiheit des Laminates achten!

In die stark belasteten Bereiche75 werden bis zu 6 übereinanderliegende Bänder, ca. 4-6 cm breit, einlaminiert. Dabei darauf achten, daß die Übergänge fließend sind, den Beginn aller Bänder nicht auf einen Ort legen. Aber selbst das garantiert nicht, daß der Bruch am Ende stattfindet. Mir ist der Kohle-Kevlar-Sitz im Juni '97 1 cm vor Ende einer Verstärkungslage gebrochen. Er wurde nicht zum ersten Mal so belastet und die Kevlarfaser hat auch nichts geholfen. Jetzt, nach der 4 ten Flickung wiegt der Sitz 850 g.

Unterer Vorsprung: 3-4 Bänder, Seite (vom Rand nach innen): 3 Bänder, in der unteren Hälfte 6 Bänder auf den Pappröhren: Zwei Bänder, in der oberen Hälfte, besonders oberer Sitzbefestigung 4 Bänder Die Bänder kann man auch zusammenstückeln. Dann sind sie ca. 2 cm zu überlappen. So kann man auch die Gewebeabfälle verarbeiten. Sie kommen unter die letzte Lage, die einen glatten Abschluß bildet. Daraus folgt für den Aufbau:

Harz, 1. Lage, Harz, 2. Lage, Harz, Stringer, 3. Lage, Harz, Bänder, Harz, 4. Lage, Harz, (Abreißgewebe)76.

Sobald es mit dem Harz losgeht: Bloß Latexhandschuhe anziehen, daß Zeug ist ekelhaft klebrig und allergieerregend77! Laminieren mindestens mit 4 oder 6 Händen, dann geht es zügig und streßfrei von statten. Gerade das Gewebeauflegen wird erleichtert, wenn einer mit den Händen sabbern kann, der andere nur mit dem Pinsel das Harz verteilt und so gut die Gewebe fassen und loslassen kann. Latexhandschuhe gibt es im Klinik/Laborbedarf preiswert. Für ca. 8 DM sollte man 100 Stück erhalten.78

Der Sitz kann nach ca. 6 Stunden (bei 30 $^{\circ}$C) vorsichtig entformt werden. Bei 70 $^{\circ}$Cschon nach 1 h, aber wer hat einen so großen Ofen, der auch nicht wärmer wird (des Wachses wegen). Bei 70 $^{\circ}$Chat das Laminat eine höhere Endfestigkeit als bei 30 $^{\circ}$C, aber es geht auch so. Die Zeiten richten sich stark nach verwendeten Härter und Harz! Testet man am besten, indem man versucht das restliche Epoxid im Becher des letzten Ansatzes zu brechen. Wenn es nicht mehr klebrig ist und bricht ist es OK, sonst unbedingt warten!

Im Bereich der Sitzbefestigung sollte man den Sitz großflächig mit 3 Lagen Glasfaser verstärken. Oder besser einen Querträger aus Kiefernholz anpassen und überlaminieren.

Apropos überlaminieren: Hat das Epoxy erst einmal abgebunden, ist es chemisch sehr inert. Wenn es überlaminiert oder gestrichen werden soll, so muß es fettfrei und angeschliffen sein.79

In dieser Ausführung ist der Sitz weicher als das Original80 aber stabil und nur ca. 650-1000 g schwer. Das Gewicht hängt nur an 2. Stelle von der Glasfasermenge ab, an erster Stelle steht das Harzgewicht. Solange die Faser gut getränkt ist hält sie. Harzseen halten nichts, bringen nur Gewicht.

Die Isomatte wird mit Klettstreifen auf dem Sitz befestigt. Problematisch ist es die Klettstreifen auf dem Sitz zu befestigen. Als einzig dauerhafte Befestigung der Klettstreifen, die es auch in 25 mm Breite gibt, hat sich Epoxy oder Pattex erwiesen. Also eine Kleinmenge anmischen und die Klettbänder (Häkchenseite) auf dem angerauten Sitz aufkleben. Auf der Isomatte reicht Heißkleber 81 zum Befestigen der Klettbänder. Inzwischen habe ich dafür wieder Kontaktkleber82, dafür entdeckt. Denn Heißkleber hält zwar wunderbar auf der Matte, aber nicht auf dem Klettband.

Mein neuster Sitz (Sommer 1996) für das Flevo ist 900 gr schwer. Er hat einen 150ml Ansatz Gelcoat mit Pigment, 500 ml Harz (Polyester) und ca. 1 m$^2$ 210 g/m$^2$ Glasgewebe. Steifigkeit wurde mit Klorollen am Rand erzielt. 4 Lagen Glas + 3 Lagen 700 g Glasbänder im vorderen Bereich. Vorne ist mir mein allererster Sitz, den ich derzeit noch auf dem Flevo fahre gebrochen, da er dort massiv über die Kante gebogen wird. In Polyester sollte er besser so aussehen: 4 Lagen, Klorolle, Verstärkungslagen, 2 durchgängige Abschlußlagen. Die Verstärkungslagen sind im Bereich der Befestigung 2 oben, 4-6 unten, der Klorollen 4. Im Bereich der oberen Sitzhalterung mußte ich nachträglich dann noch 4 mm Sperrholz und 2 lange Glasgwebe mit Epoxi-$\mu$F-Fibres einkleben. Da hielt er am Flevo nur einen Monat.

Der neueste Sitz (Juli 1999) ist wieder eine Gelcoat-Polyester-Variante. Aufbau: Gelcoat, 200 g Leinwand , 390 g Köpper, Restabschnitte im Bohrungsbereich und den Kanten bis auf 3-4 kg, 390 g Köpper zum Abschluß. Gewicht: 660 g. Mal sehen, wie lange der hält. Ist in der oberen Befestigungsecke ein bißchen weich, da hätte wohl doch ein 4 mm Sperrholzbrett reingehört.

Wenn der Sitz fertig ist, muß er noch gegen UV-Strahlung geschützt werden. Vorzugsweise sollte hier ein getönter 2-Komponentenlack (DD-Lack) zur Anwendung kommen. Entfällt natürlich, wenn Gelcoat verwendet wurde!

Die endgültige ,,Sitzhöheneinstellung`` folgt nach einigen Probefahrten durch entsprechendes Bohren und Verschieben des Sitzes. Solange die neuen Bohrungen mindestens 15 mm neben den alten sitzen ist nicht von Bruchgefahr auszugehen. Ein Liegerad ist erfahrungsgemäß unkrititsch bei einer falschen Sitzeinstellung. Entgegen dem normalen Rad kann man noch mit einem 4 cm zu ,,hoch`` oder ,,tief`` eingestellten Sitz fast problemlos fahren. Ein Flevo sollte übrigens gerade in der Anfangszeit wegen der Kurvenfahrerei ein bißchen zu kurz eingestellt sein.

Abbildung 6: Vorgeschlagener Laminataufbau
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=9cm]{zeichnungen/sitzaufbau}
\end{figure}


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Olaf Schultz 2007-01-15