Drehstrommotoren

Man kann einen Motor auch im generatorischen Betrieb benutzen, sollte aber dann nicht die besten Ergebnisse erwarten. Gleichmäßige Ab-/ Antriebsmomente werden i.a. nur mit Drehstrommaschinen erreicht. Im Pkw-Bereich werden inzwischen Drehstromgeneratoren als Standard angesehen. Im Bereich von Leistungen kleiner als 50W gibt es kaum preiswerte Generatoren oder Motoren, außer man verwendet z.B. solche aus kaputten Festplatten.2.31 Die Idee mal Festplattenmotoren im generatorischen Betrieb zu testen kam von Richard Thalmeier aus Wien.

Bosch gibt je nach Pkw-Generator einen maximalen Wirkungsgrad von 50% für den GCB1 bis 70% für den NFB2 90-150A an. In diesem Rahmen sollte man sich für Kleinmotoren im generatorischen Betrieb nicht allzuviel erhoffen, auch wenn im Pkw die Baukosten den Wirkungsgrad drücken. Mit einem bißchem größeren Querschnitten von Kupfer und Eisen sollten auch bessere Wirkungsgrade erzielbar sein. Nur kostet das Geld in der Investition und Bauraum und beides ist den Kunden wichtiger als die laufenden Verbrauchskosten. Für große Leistungen werden bedeutend bessere Wirkungsgrade erzielt. Für einen 5MVA-Drehstrom-Generator wurde bereits 1927 ein Wirkungsgrad von 96,5% bei $\cos \varphi =1$ ermittelt [Ky27]. Andreas Oehler hat für einen der hier getesteten Drehstrommotoren ca. 40% ermittelt (vgl. Bild 2.17).

Bild 2.17: Wirkungsgrade von Generatoren und Trafos
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=8cm]{Meszwerte/Wirkungsgrade}
\end{figure}

Die Wirkungsgrade von Großmaschinen sind aus diversen Literaturstellen, teilweise älteren, zusammengetragen. Mag sein, daß inzwischen absolute bessere Wirkungsgrade erzielt werden, der Trend, bei kleinen Leistungen mit deutlichen Wirkungsgradeinbußën leben zu müßen wird aber geblieben sein. Im Bereich kleiner Leistungen bei den Trafos sind aktuelle Katalogangaben von Trenntrafos aufgeführt.

Die Vorteile sind u.a., daß Festplattenmotore in der Regel schon eine gute, wenn auch nicht gedichtete, Lagerung aufweisen und hohe Drehzahlen (3700-70001/min) aushalten. Nebenbei ist auch ein hervorragender Rundlauf gewährleistet. Man verwendet sie am besten als Walzendynamos. Geeignet sind 51/4'' oder 31/2''-Platten, bei denen der Motor im Plattenstapel eingebaut ist. Beim Elektronikverschrotter um die Ecke sollten alte Festplatten für 'n Apfel und 'n Ei erhältlich sein. Mit den Scheiben kann man dann schöne Mobiles basteln.

Festplattenmotoren sind i.d.R. Synchronmaschinen in Sternschaltung. Als Hersteller scheint es Nidec (N), Nidec und nochmals Nidec zu geben. Bisher habe ich eine Ausnahme gefunden: Eine Micropolis 1558 (385 MB ESDI) hat einen Motor von KoYo eingebaut. Neben reihenweise aufmagnetisierten Werkzeugen (anders waren die großen Kopfträgermagnete nicht zu retten) ist mir dabei auch der KoYo-Motor in die Hände gefallen. Er ist anormal groß. Normalerweise haben 5 1/4'' Festplatten in voller Bauhöhe externe, eher als Scheibenläufer ausgebildete, Motoren, die man nicht so einfach als Walzenläufer verwenden kann. Man bastelt sich dann draußen analog zum FER SD 12V (vgl. Seite [*]) einen Drehstrom-Brückengleichrichter (gibt es als Schottky-Ausführung auch schon fertig, dann allerdings in der Ausführungvariante: Groß und teuer).

Die folgenden Daten (Tabelle 2.18) werden an Gleichstrom gemessen. Der Drehstrom wird durch eine B6 Vollbrücke aus sechs Schottky-Dioden MBR2545 (interne Teildioden parallelgeschaltet) gleichgerichtet. Der Gleichstrom wird über Lastwiderstände geleitet und der Spannungsabfall gemessen und daraus die Leistung berechnet. In die Leistungsberechnung geht die Verlustleistung des Gleichrichters von ungefähr 0,71W@1A und 0,77W@3,2A nicht ein. In der ersten Spalte sind zusätzlich der Durchmesser $d$ und die Länge $l$ der Trommel angegeben. Die Werte für $L_{\mbox{\footnotesize i}}$, $R_{\mbox{\footnotesize i}}$ und $R_{\mbox{\footnotesize S}}$ in der Tabelle 2.18 sind von außen über zwei Sternpunkte gemessen. Der Koyo wird abweichend mit einem Lastwiderstand von 6,0 und nicht 6,1 vermessen.


Tabelle 2.18: Leistungsdaten kleiner Drehstrommotoren
Motor v $n$ $P_{\mbox{\footnotesize el}}$ [W] an $R_a=$ I(R_a=0,1)
  [km/h] [1/min] 2,35 6,1 12 24 [A]
N 77677470 11,5 2470 1,01 0,75 0,55 0,33 -
  15 3222 1,82 1,45 1,00 0,60 -
  20 4300 3,3 2,66 1,88 1,13 -
  25 5370 5,04 4,10 3,00 1,82 -
  30 6444 6,95 5,86 4,31 2,68 -
  40 8591 11,16 10,34 7,63 4,69 -
  49 10480 15,16 14,12 11,16 7,04 -
N 90221 11,5 2470 0,63 0,69 0,52 0,64 -
  15 3222 1,41 1,62 1,12 1,52 -
  20 4300 2,29 2,76 2,02 2,70 -
  25 5370 3,19 4,16 3,15 4,03 -
  30 6444 4,04 5,63 4,39 5,77 -
  40 8591 5,48 8,88 7,46 9,43 -
  49 10480 6,41 11,02 10,31 12,63 -
N 212729 10 1326 0,50 0,30 0,20 0,12 -
  15 1989 1,33 0,87 0,56 0,32 -
  20 2653 2,60 1,73 1,24 0,62 -
  25 3316 4,25 2,78 1,80 1,03 -
  30 3979 6,24 4,16 2,65 1,52 -
  40 5305 11,07 7,62 4,94 2,80 -
  50 6632 16,79 11,57 7,68 4,31 -
  60 7958 - - 11,21 6,36 -
K 104300 10 1340 0,73 0,45 0,26 0,14 2,06
  15 2010 2,01 1,17 0,68 0,38 3,21
  20 2679 3,93 2,27 1,36 0,72 4,46
  25 3349 6,51 3,81 2,23 1,2 5,5
  30 4019 9,8 5,65 3,31 1,8 -
  40 5359 17,92 10,45 6,1 3,32 -
  42,4 5680 23,13 12,0 - - -
  50 6698 - 16,77 9,83 5,32 -


Tabelle 2.19: Kenndaten kleiner Drehstrommotoren
Modell HD d l $L_{\mbox{\footnotesize i}}$ R_i $R_{\mbox{\footnotesize S}}$ Q
    [mm] [mm] [mH] [] []  
N 77677479 ST 11200N 24,7 24 0,54-0,66 2,1 2,48-2,54 2,18
N 90221   24,7 20 1,93-1,98 5,65 8,03-8,1 2,4
N 212729   40 20 0,21-0,28 1,28 1,54-1,8 1,36
N 88245M IBM WD-3158 25 20 2,2 5,76 8,15 2,7
N 20713FM   25 21 2,4 4,23 6,45 3,72
K 104300 Micropolis 1558 39,6 46,5 0,132 0,83 4,83 2,74

Die ideelle Leerlaufspannung $U_{\mbox{\footnotesize di}}$ einer B6-Brücke beträgt


\begin{displaymath}
U_{\mbox{\footnotesize di}}=\frac{6 \sqrt{2}}{\pi} U_{\mbox{\footnotesize so}}= 2,7 U_{\mbox{\footnotesize so}}
\end{displaymath} (2.29)

mit der Sternspannung $U_{\mbox{\footnotesize so}}$.

In Realität wird eine höhere Fahrgeschwindigkeit notwendig sein, da hier die Drehzahl der Walze gemessen wird. Der Schlupf zwischen Reifen und Motor sowie die Dicke eines eventuellen Reibbelages wird nicht berücksichtigt.

Bild 2.18: Leistungskurven von Kleinstdrehstrommotoren im generatorischen Betrieb
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=8cm]{Meszwerte/Festplatten_Leistung}
\end{figure}

Bei Geschwindigkeiten unter 15km/h sind die hier getesteten Drehstrommotoren nicht leistungsstark genug. Dem ist i.d.R. auch nicht mit einem Schaltregler beizukommen, da diese in der Regel eine Mindestspannung von ca. 1,5-2V benötigen, die da durch den geringen Lastwiderstand noch nicht zur Verfügung steht. Bei hohen Geschwindigkeiten ist eine Regelung unbedingt notwendig.

Bei den hier vermessenen Motoren spricht eher nichts für diese Lösung. Mit weniger Aufwand kann man sich einen SON anbauen und hat mehr Leistung, wenn man den Lastwiderstand anpaßt.

Mit einem nachgeschaltetem Schaltregler kann man sich so sicherlich einen leistungsstarken Dynamo bauen. Martin Schröferl aus München hat es vorgemacht. Martin hat sich aber auch Generator selber gebaut. Bleche zum selberbauen gibt es u.a. bei Lehner Motorenbau in München/Ottobrunn (Tel.: 089/6019922). Aber gleich als Warnung: Einfach wird das nicht und billig? Alleine die Magnete sind teuer und anfällig gegen Bruch und Korrosion. Hier werden nur die wenigsten Leser vorzeigbare Ergebnisse hervorbringen (wollen). Wer sich tiefer in diesen Ansatz vertiefen möchte: Ein Hersteller/Lieferant von Magneten ist IBS (Adresse im Anhang).

Der Wirkungsgrad ist derzeit noch nicht betrachtet. Andreas Oehler hat für einen der Nidecs einen Wirkungsgrad von ca. 40-45% gemessen. In Anbetracht des mechanischen Leichtlaufes ist das nicht viel. Der elektromagnetische Kreis ist sicherlich noch für einen Einsatz als Generator optimierbar.

Olaf Schultz, Hamburg-Harburg
2010-10-02