busch&müller Dymotec S6

Der Dymotec S6 (~~~K134) weicht ein diversen Punkten von obigen Dynamos ab. Er ist kein Klauenpolgenerator. Der Rotor hat vier Pole. Der Stator ist ein Paket aus Kreisringen aus Dynamoblech, in welches die vier Luftspulen eingelegt sind. Je zwei Wicklungen sind in Reihe und die Kombination dann parallel geschaltet.

Aktualierung Ende 2007/ Anfang 2008: Der S6 wird es wie der S12 nicht mehr hergestellt und ist bei bumm auch nicht mehr verfügbar.

Der Aufbau ist mechanisch solide. Am oberen Ende ist eine Labyrinth-Dichtung mit einem Fett-Depot. Die zwei ungedeckelten rostfreien Radialrillenkugellager (d=5, D=13, b=4mm, Lagerabstand 30mm, Kraglänge 32mm) sind ölgetränkt. Die Lager sind innerhalb des eigentlichen Generatorgehäuses, durch ein Spalt-Dichtung geschützt, untergebracht und damit relativ gut geschützt. Hier sieht man auch die Handarbeit, die bei solchen Baugruppen noch notwendig ist:2.25 Das Generatorgehäuse ist zudem handschriftlich signiert, was aber auch an einem frühen Serienexemplar liegen kann.

Die zuerst getestete frühe Version des Dynamos ist nur bis 50km/h zugelassen. Darüber sind die Generatorspannungen für die Regelelektronik zu hoch. Es ist aber wirklich nicht einfach eine niederohmige Leistungselektronik zu finden und entwickeln, die dann auch noch Bitte die hohen Leerlaufspannungen bei geringer Ansteuerleistung verträgt. Und das dann bitte noch in SMD2.26! Auf diesen Umstand weist busch&müller außen durch einen deutlichen Aufkleber und in der Bedienungsanleitung hin. Die aktuellen Versionen sind bis 70km/h getestet und nicht mit solch einem Aufkleber versehen.

Eine Erhöhung der Anpreßkraft von 6 auf 10N macht sich beim hier getesteten Exemplar mit einer Reduzierung des Wirkungsgrades um bis zu ca. 5% bemerkbar. Dieser Trend ist auch bei anderen reibradgetriebenen Dynamos in ähnlichen Ausmaßen feststellbar.

Bild 2.10: Kennkurven b&m S6 bei Variation Rolle und Anpreßkraft (erste vier mit Gummirolle und 8N, zweite vier mit Drahtrolle und 8N, letzte vier mit Gummirolle und 6,5N) Meßdaten bei Schmidt/Tübingen aufgenommen
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=10cm]{Meszwerte/Tuebingen/S6_Pat}
\end{figure}

Die Elektronik ist (leider) komplett vergossen und nur mit viel Mühe sind ihr einige Geheimnisse zu entreißen. Besonders ist, daß der Dynamo, wie der lightSPIN, eine Wechselspannung abgibt. Der getestete Dymotec S6 hält die Spannung oberhalb von ca. 12km/h sehr genau auf einen Effektivwert von 6,3-6,5V ein. Die Spannung ist ein nahezu reiner Sinus (vgl. Bild 2.11.

Bild 2.11: Spannungsverlauf am S6 bei Last und Leerlauf
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=9cm]{Meszwerte/Dynamos/bumm/S6_Spannungen_TEK}
\end{figure}

Der Generator gibt an die Elektronik eine, von der Geschwindigkeit nahezu linear abhängende, Spannung ab und kann, sofern man die Regelelektronik nicht benutzt, über 14W an 12 bei 20km/h liefern! Darüber wird allerdings sehr schnell das Reibradgetriebe überlastet (hoher Schlupf, Gummiabrieb, Wirkungsgrad fällt).

Prinzipbedingt ist keine Polfühligkeit vorhanden.

In der Tabelle 2.12 sind Spannungswerte bei 48,8km/h aufgeführt.


Tabelle 2.12: Ausgangsspannungen des Dymotec S6 (Effektivwerte) bei 48,8km/h
Lastwiderstand [] Generator [V] Elektronik [V]
6 44 3,95
8,48   4,8
12 44,3 6,5
29,4 44,6 6,5

Der Generator liefert bei knapp 50km/h eine Spannung von fast 130V (Spitze-Spitze) und da wird die Luft für niederohmige Leistungselektronik sehr eng!

Durch eine Veränderung des Lastwiderstandes ist beim Dymotec S6 zumindest mit funktionierender Regelelektronik nicht mehr Licht herausholbar.

Das aufgeführte Schaltbild (vgl. Bild 2.12) stammt von einer ziemlich frühen Version. Neuere Dymotec S6 haben andere Schaltungen (u.a. durch eine ,,Huckepack``-Platine erkennbar, diese sind dann bis 70km/h zugelassen. Die Nummerierung der Bauteile ist willkürlich gewählt und nur in diesem Kapitel konsistent.

Bild 2.12: Schaltbild früher Dymotec S6-Regelelektronik
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=14cm]{bilder/bumm/Schaltbild_s6}
\end{figure}

Hinweis: Das Schaltbild ist nach bestem Wissen aufgenommen, nachdem eine defekte Elektronik (frühe Serie, bei über 50km/h) mit ,, Hammer und Meißel`` entgossen wurde und nahezu alle Bausteine abgelötet wurden um bei der doppelseitig mit SMDs bestückten Platine den Faden der Ariadne zu finden. Es sind ungefähr 23 Durchkontaktierungen, teilweise selbst unter Widerständen ,, versteckt``, vorhanden. Eventuell sind noch einige wenige Querverbindungen übersehen worden.

Eingang, vom Generator her kommend, sind G1 und G2. Die Ausgänge zur Beleuchtung sind A1 und A2.


Tabelle 2.13: Bauteilliste Dymotec S6-Regelelektronik, frühe Version
Baut. Wert Baut. Wert Baut. Wert Baut. Typ
R1 10 C1, 2 1µF D1, 2 0,24/>74 IC1 4946
R2, 5, 7 1 k C3 120 nF D3 0,3/>74 IC2 TLC372
R3 100 C4 600 pF D4 0,6/>74 IC3 P113
R4 5,6 k C5 10µF/V D5 0,6/>74    
R6 220 k C6 22µF/25V D6 0,4/? T1, 3, 5 493
R8, 9, 10 19 k C7 100µF/10V D7, 8, 9 BAV99 T2, 4, 6 593
R11, 12, 13, 14 3,9 k         T7 BC847C
R15 6,8 k L 97µH     T8 0C FT
R16 3,3 k            

Die Kondensatoren C1...C4 sind Vielschicht-Keramik-Kondensatoren, C5 ist ein Tantal-Kondensator, C6 und C7 sind Elkos,

Die Spule L hat einen Gütefaktor $Q$ von ungefähr 16. Bei diesem Exemplar ist eine Ecke des Ferrits abgebrochen, so daß normalerweise die Induktivität geringfügig größer sein dürfte. Ob der Gütegrad wesentlich besser wird sei dahingestellt. Von der Form her (,, Hantelkern``) ist es eine Drosselspule und keine Speicherspule. Bei den hier, durch den vierpoligen Generator, bis 50km/h erzeugten Kreisfrequenzen ( $\omega\approx420$rad/s) ist der Widerstand ( ${\underline Z}=j\omega L$) der Spule noch nicht nennenswert.

Bei den Dioden sind die ausgemessenen Durchbruchspannungen in Durchlaß-/Sperrichtung angegeben. Die Dioden D1 und D2 sind mit je einem grünen und einem orangenen Ring versehen. D6 muß eine Z-Diode sein, die sanft ab 0V ansteigende Durchbruchspannung deutet jedoch auf einen Defekt hin.

Der TLC372 ist ein zweifach Komparator von Texas-Instruments. Der 4946 (Gehäuse SOIC 8), das Hersteller-Logo deutet auf Siliconix hin, ist derzeit noch nicht klassifiziert. Der fünfpolige, als IC eingeordnete, P113 scheint ein optogekoppelter Triac o.ä. zu sein. Der Intersil (ehemals Harris Semiconductors) IRFD 113 ist allerdings ein IGBT im kleineren, dreipoligen, SOT23-Gehäuse (42).

Die Transistoren 493 sind NPN, die 593 sind PNP, jeweils im SOT 23-Gehäuse mit einem $h_{FE}$ ungefähr 180. T8 (Gehäuse SOT 89) könnte ein MOS-FET sein.

Es folgt ein Versuch der Analyse des Schaltbildes. Der Regler wird im ,,Bootstrap``-Modus betrieben. Die Doppeldioden T9 und T10 bilden den Brückengleichrichter, der vom Reglerausgang versorgt wird. Der linke Block aus R11...R14, T5, T6, D1 und D2 müßte ein ,,Überspannungsverheizer`` sein.

Sascha Wuestling hat sich hingesetzt, das Schaltbild analysiert und einige Bauteile besser identifiziert:

...Die Schaltung ist ein AC-Pulsbreitensteller (Step-Down bzw. Buck-Betrieb). Er funktioniert wie ein Step-down-DC/DC-Wandler für Gleichspannung, hat aber zwei Zweige (für jede Polarität einen). Die 100µH-Hantelkern-Spule ist die Speicherdrossel, C2 siebt den Eingang und C1 den Ausgang. Die Schottkydioden D1 und D2 sind die Freilaufdioden, von denen über T6 und T5 - angesteuert über R11...R14 - jeweils die richtige aktiviert wird. Da die Schaltung im Leerlauf die volle Leerlaufspannung des Generators abkönnen muß (es ist kein Shunt-Regler), werden hier mehrere Widerstände parallelgeschaltet. Die Schalter des Wandlers sind die Dual N-Channel MOSFETs Si4946EY von Vishay Siliconix, die so geschaltet sind, daß die Sources zusammenliegen und daß der Strom jeweils durch einen FET und die in Reihe liegende Inversdiode des anderen FETs fließt. Die FETs werden angesteuert über die Gegentakt-Treiberstufe T3/T4. R16 ist der Pull-up für den Open-Collector-Ausgang des Optokopplers mit Schmitt-Trigger TLP113 von Toshiba. Die Versorgungsspannung für den FET-Ansteuerkreis wird von der Schottkydiode D3 aus einer Halbwelle des Generators gleichgerichtet, von T1, T2, D9, R1, R2, R15 begrenzt (wobei D9 als Referenz wirkt, Abregelspannung so bei 6V) und von C7 gesiebt. Der Optokoppler wird angesteuert von einem Pulsbreitenmodulator, der aus den Komparatoren im TLC372 besteht. Der erste Komparator ist als Sägezahngenerator beschaltet, der eine Frequenz von ca. 140kHz liefert. Diese wird im zweiten Komparator mit einer variablen Schwelle verglichen, das entstehende PWM-Signal steuert den Optokoppler. Der Witz bei der Schaltung ist nun, daß die Regelzeitkonstante, gegeben durch C5 und R6 mit 2,2sec recht lang ist, so daß das Tastverhältnis der Steuerspannung für die FETs über mehrere Generatorhalbwellen konstant bleibt. Geregelt wird zwar der Spitzenwert der Ausgangsspannung an A1/A2 (in dem die hochgeklappten Halbwellen nach der Gleichrichterbrücke D7, D8 über D5 und die Z-Diode D6 - etwa 7,5V - den Transistor T7 ansteuern, der die Spannung an C5 senkt), durch das Speichern des Tastverhältnisses (das beim Step-Down-Wandler ja in etwa das Transformationsverhältnis zwischen Ein- und Ausgangsspannung vorgibt) bleibt die Kurvenform des Generators aber erhalten. Bei einer rein ohmschen Last ist diese sinusförmig und daher wird auch die Ausgangsspannung sinusförmig sein, auch wenn nur eine Rücklichtlampe dranhängt (nicht allerdings, wenn man viele Sachen mit Brückengleichrichter und Siebelkos dranhängt...). Der Effektivwert ist dann ja fest mit dem Spitzenwert, auf den geregelt wird, verknüpft. Noch nicht erwähnt wurde das bei Euch mit T8 bezeichnete Bauelement, dies ist irgendein dreipoliger Spannungsregler (wahrscheinlich 5V), der die von C6 gesiebte und von D4 vom Reglereingang (D5, wo ja ungeglättete Halbwellen gewünscht sind) entkoppelte Gleichrichtspannung als Versorgung für den PWM-Modulator stabilisiert. ...

Anmerkung: T8 (SOT-89) ist anscheinend kein Spannungsregler sondern eher ein FET. Ich hab es nocheinmal nachgemessen. Wobei ich die T8 dummerweise zweimal vergeben habe: Die untere, neben T7 ist ein BAV99, die obere...

Die nun folgenden Messungen werden an einem von bumm2.27 zur Verfügung gestellten Serienexemplar durchgeführt welches nicht mehr auf 50km/h begrenzt ist. Der Dynamo ist neu. Es wird das beigelegte Gummiröllchen verwendet.


Tabelle 2.14: Meßwerte Wirkungsgradmessung Dymotec S6 auf Nokia rollspeed-grip 37-622 (Nenndruck 4,0bar) mit 6,0bar
$v$ $R_{\mbox{\footnotesize a}}=0,8\,\mbox{M}\Omega$ $R_{\mbox{\footnotesize a}}=0,1\,\Omega$ $R_{\mbox{\footnotesize a}}=12\,\Omega$
[km/h] $U$ $P_{\mbox{\footnotesize m}}$ $I$ $P_{\mbox{\footnotesize m}}$ $U$ $\eta$
7 - - 1,07 6,8 - -
10 6,71 5,8 1,5 13,7 5,94 51,2
15 7,52 7,0 2 21,6 6,43 49,3
20 7,43 8,6 - - 6,43 40,0
30 8,01 11,8 2,6 - 6,41 29,0
40 7,7 15,8 - - 6,33 21,1
50 8,11 19,7 - - 6,41 17,3
60 7,65 23,7 - - 6,53 13,9

Bei Geschwindigkeiten über 7km/h sind im Kurzschlußbetrieb keine Leistungsmessungen möglich. Teilweise werden an 0,1 mehr als 2,6A geliefert. Die Schleppkräfte liegen über den noch meßbaren 717g. Die Reibpaarung versagt teilweise und es ,,stinkt`` nach Gummi. In dieser Version scheint der Dymotec S6 nicht kurzschlußgesichert zu sein! Laut Busch&Müller ist er begrenzt (ca. 3-5 Minuten) kurzschlußfest. Nach 3-5 Minuten sollte aber selbst der unbedarftetste Benutzer entweder an dem fehlenden Licht oder am schweren Lauf bzw. dem Lärm des durchrutschenden Reibrades das Problem längst bemerkt haben und versuchen den Kurzschluß in der Fahrradelektrik zu beheben.

Im Bild 2.13 sind einige Meßdaten gezeigt, die auf dem auf Seite [*] beschriebenen Prüfstand aufgenommen werden. Der S6 wird zusätzlich von Schmidt auf deren Prüfstand getestet (Tübinger Prüfstand). Die Meßwerte stimmen gut überein.

Bild 2.13: Meßdaten des S6 auf dem Wirkungsgradprüfstand
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=10cm]{Meszwerte/Dynamos/bumm/S6_eta}
\end{figure}

Zur Zeit wird der S6 am ATB im Alltagseinsatz getestet.2.28 Zumindest den Winter 1999-2000 über hat er während ca. 20 Stunden Lichtfahrt ohne Mucken seinen Dienst verrichtet.


Tabelle 2.15: Meßwerte Leistungsanpassung Dymotec S6
  $v=30\mbox{[km/h]}$ $v=20\mbox{[km/h]}$ $v=15\mbox{[km/h]}$ $v=10\mbox{[km/h]}$
$R_{\mbox{\footnotesize a}}$ $U$ $\eta$ $U$ $\eta$ $U$ $\eta$ $U$ $\eta$
[] [V] % [V] % [V] % [V] %
29,4 6,59 - 6,56 19,5 6,5 24,7 6,6 34,6
24 6,57 - 6,55 22,6 6,5 28,7 6,5 39,2
12 6,53 25,7 6,51 35,4 6,5 42,6 6,4 55,7
11,48 6,47 25,4 6,53 35,8 6,53 41,8 6,5 54,6
11 6,38 25,2 6,53 36,5 6,56 42,6 6,44 54,3
10,47 6,51 26,4 6,54 35,7 6,55 44,6 6,43 50,4
9,93 6,51 27,9 6,45 36,6 6,48 46,0 6,08 48,0
9,23 6,43 29,3 6,45 39,4 6,47 43,6 5,83 45,1
8,52 6,41 32,3 6,41 44,7 6,47 51,1 5,77 51,7
8 5,8 27,5 5,79 35,4 5,87 45,4 5,8 49,1
7,76 5,73 27,6 5,58 33,9 5,82 44,5 5,6 45,0
6,67 4,47 20,9 4,76 32,0 4,83 38,1 5,0 48,3
6 4,31 22,0 4,18 27,4 4,25 35,1 4,43 44,5
4,7 3,81 22,0 3,7 28,1 3,65 30,9 3,6 37,5
2,7 2,08 11,7 2,3 16,0 2,4 21,1 2,6 25,1

Graphisch aufgetragen ergibt sich daraus das Bild 2.14.

Bild 2.14: Widerstandsanpassung Dymotec S6
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=10cm]{Meszwerte/Dynamos/bumm/S6_Olaf_Ra_antast}
\end{figure}

Das Maximum elektrischer Leistung ist hier ab 15km/h bei ca. 8 mit etwas über 4,5W erzielbar.

Olaf Schultz, Hamburg-Harburg
2010-10-02